Wenn du bei dir und deinen Empfindungen bleiben kannst, dich reguliert (so gut es geht) auf das einlässt, was passiert, ohne es zu werten, sondern es annimmst, dann hältst du den Raum. Du re-agierst nicht, sondern du bietest einen Schutzraum, in dem Gefühle, Aussagen und Verhalten ersteinmal sein dürfen, ohne weggemacht zu werden.
Max ist 4. Er ist wütend, weil es nicht so läuft, wie er es sich vorgestellt hat. Er schimpft und wird körperlich, in dem er sich sehr aktiv bewegt und nach Dingen sucht, die er treten, boxen oder werfen kann. Nichts, was mir gefällt. Und doch ist meine einzige Aufgabe in dieser Situation, dafür zu sorgen, dass Max weder sich noch andere verletzen wird. Bis die Anspannung in ihm nachlässt. Bis sein noch nicht so weit ausgereiftes Großhirn wieder online gehen kann. Ich halte also den Raum, in dem ich schaue, dass ihm, mir und den anderen Kindern nichts schlimmes passiert. Ich beobachte, wie er sich verhält und wie sein kleines Nervensystem darum ringt, sich wieder zu regulieren und den hohen Stressfaktor abfließen zu lassen. Erst wenn er das geschafft hat, dann wird er wieder für mich ansprechbar sein. Erst dann werde ich wieder für ihn wirklich hörbar sein. Ich erkenne, dass Max nicht anders kann, und auch welche weiteren Strategien er nutzt, um sich auf seine Art zu regulieren.
Nach nicht einmal einer Minute ist die Kraft aufgebraucht und Max bewegt sich langsamer, wird etwas leiser und ab und an gelingt es ihm, mich anzusehen. Das ist mein Signal dafür, dass er "wieder da ist".
Wenn alles vorbei ist, Max Worte für seine Gedanken, Gefühle und sein Verhalten bekommen hat, ohne damit abgewertet oder bloßgestellt zu werden, kann ich mich (mit ihm und seinen Eltern) auf die Suche für sein Verhalten machen und nach Wegen Ausschau halten, die es ihm ermöglichen, sich von sich aus anders verhalten zu können, ja, vielleicht gar nicht erst ein solches Stresslevel in sich zu erfahren, um in eine solche Situation zu kommen.
Fazit: Es geht nicht um aushalten oder über sich ergehen lassen. Oder darum "schlechtem Verhalten" eine Lobby zu bieten. Es geht darum auf mich zu achten und das Verhalten des anderen als Lösung für einen inneren und/oder äußeren Zustand zu achten. Energie weder zu blockieren, noch zu befeuern und die Würde des anderen Menschen zu achten. Um letztendlich gemeinsam danach zu forschen, wie Wohlbefinden gesteigert werden kann und damit Stress bewältigt, der unweigerlich zu Verhalten führt, das häufig als wenig adäquat empfunden wird.