Wie lange habe ich gedacht, ich sollte einfach nur disziplinierter sein? Ich glaubte, ich wäre einfach nicht willensstark genug.
Dies sind nur weitere Missverständnisse (Bezug zum letzten Beitrag) in unserer modernen Gesellschaft. Die Idee, dass wir unsere Resilienz stärken würden, indem wir möglichst oft aus unserer Komfortzone herauskommen. Wir bräuchten einfach nur mehr Disziplin und müssten unseren inneren Schweinehund mal so richtig überwinden. Und wenn ich das jetzt mal auf die Themen der letzten Wochen beziehe, wir sollten körperliche Grundbedürfnisse möglichst lang aufschieben können oder ignorieren. Viele Menschen glauben, dass Fasten, weniger Schlaf oder das bewusste Zurückhalten von Bedürfnissen dazu beitragen kann, das eigene Nervensystem widerstandsfähiger zu machen.
Doch das Gegenteil ist der Fall.
Unsere Resilienz wächst nicht dadurch, dass wir unser Nervensystem zusätzlich stressen. Tatsächlich kann eine gezielte Erweiterung des Window of Tolerance – also des Bereichs, in dem wir uns sicher und reguliert fühlen – nur dann stattfinden, wenn wir unser Nervensystem stabilisieren.
Das Problem: Die meisten Menschen verbringen ihr Leben nicht innerhalb dieses sicheren Bereichs, sondern befinden sich oft im Überforderungs- oder Unterforderungsmodus. Statt unser Nervensystem zu trainieren, wachsen wir in der Regel nur in unserer Erschöpfung.
Der erste Schritt: Regulation statt Selbstüberwindung
Bevor wir daran denken können, unsere Resilienz gezielt auszubauen, müssen wir unser Nervensystem regelmäßig in einen Zustand innerhalb des Toleranzfensters bringen. Das bedeutet, dass wir lernen, unsere Grundbedürfnisse zu respektieren, anstatt sie bewusst zu ignorieren.
Die verbreitete Vorstellung, dass wir durch Selbstüberwindung und Disziplin unsere Widerstandsfähigkeit stärken, ignoriert eine fundamentale Wahrheit:
➡ Ein Nervensystem, das sich bereits in einem Stressmodus befindet, kann durch zusätzlichen Stress nicht wachsen – es wird geschwächt.
Was wirklich hilft:
- z.B. regelmäßige Regulation durch Entschleunigung, Pausen, Bewegung und bewusste Erholung.
- Gesunde Routinen, die Sicherheit signalisieren.
- Ein achtsamer Umgang mit körperlichen Bedürfnissen, bevor Herausforderungen angegangen werden.
Wie unser Nervensystem wirklich lernt, widerstandsfähiger zu werden
Resilienz entsteht nicht durch permanente Belastung, sondern durch einen zyklischen Wechsel zwischen Aktivierung und Erholung. Unser Nervensystem wächst am besten, wenn wir es aus einem regulierten Zustand heraus sanft herausfordern, anstatt es in permanentem Stress zu halten.
Indem wir unser Nervensystem stabilisieren und lernen, unsere Grundbedürfnisse zu achten, schaffen wir die Basis für eine echte Erweiterung unseres Toleranzfensters. Dies ermöglicht uns, langfristig mehr Belastung auszuhalten – aber auf eine gesunde, nachhaltige Weise.
Fazit: Der erste Schritt zu echter Resilienz ist nicht Selbstüberwindung, sondern Regulation. Statt uns bewusstem Stress auszusetzen, müssen wir lernen, unser Nervensystem in seiner Regulation zu unterstützen und von dort aus unser Toleranzfenster behutsam zu erweitern.
Interessiert dich dieses Thema und möchtest du regelmäßig über individuelle Informationen zum Nervensystem, zu Resilienz, Embodiment und Traume bekommen? Dann melde dich super gern bei meinem Newsletter an!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen